Zukunft des Bauens - Im Interview mit Beate Kleinewefers

  • Zukunft des Bauens

Nach gesammelter Erfahrung im BIM-Management studiert Beate Kleinewefers berufsbegleitend einen Master of Business Administration (MBA) mit Schwerpunkt Digitale Transformation und ist Lehrbeauftrage für Building Information Modeling (BIM) an der Hochschule für Technik in Stuttgart.

Seit 2021 spricht sie im Podcast DER REAPOD gemeinsam mit Experten sowie Berufseinsteigern über die Chancen und Herausforderungen der digitalen Transformation der Bau- und Immobilienbranche, ist Geschäftsführerin der Reaworx GmbH und unterstützt Organisationen in der erfolgreichen Umsetzung von Transformationsprozessen.

Vor welchen Herausforderungen stehen Sie und Ihre KollegInnen bei der täglichen Arbeit?

Die digitale Transformation der Bau- und Immobilienbranche birgt vielfältige Herausforderungen - darunter die Einführung neuer Technologien, die Etablierung neuer Rollen- und Verantwortlichkeiten sowie die Steuerung digitaler Kollaboration und Kommunikationswege. Mit der zunehmenden Komplexität und Abhängigkeit einzelner Prozesse steigt jedoch auch die damit einhergehende Unsicherheit gegenüber Veränderungen im operativen Projektgeschäft.

Aufgrund dessen muss der Faktor Mensch als Erfolgsfaktor für Transformation erkannt und aktiv in den Prozess miteingebunden werden. Neben der Sensibilisierung für die Chancen der digitalen Transformation, kann ein offener Diskurs über die Herausforderungen sowie ein gezieltes Changemanagement auf allen hierarchischen Ebenen das gemeinsame Verständnis aller Projektbeteiligten stärken.

Welche Trends setzen sich in der Baubranche bzw. Immobilienbranche Ihrer Meinung nach durch?

Der Trend zum datengetriebenen Planen, Bauen und Betreiben wird sich in Zukunft durchsetzen! Digitale Prozesse haben bereits bewiesen, dass die interdisziplinäre Kollaboration aller Projektbeteiligten einen Mehrwert ab Projektbeginn schafft und zu einer Qualitätssteigerung und Risikominimierung führt. Building Information Modelling [BIM] ermöglicht es gewerkeübergreifend Daten zu erfassen und diese anhand eines Datenmodells in eine Datenbank zu überführen.

Durch Real Estate Business Intelligence (BI), welches auf die Aufbereitung, Verknüpfung und Visualisierung von Daten zurückführt, lassen sich diese gesammelten Datenpunkte eines Bauprojektes anhand spezifischer Steuerungskennzahlen analysieren und Projekte aktiv steuern.

Was unterscheidet ein Bauprojekt in 15 Jahren von einem Projekt heute (Stand 2022)?

Im Gegensatz zu heute können die während des Lebenszyklus eines Gebäudes gesammelten Daten vom Entwurf über die Planung und Realisierung bis hin zum Rückbau erfolgreich übergeben und nutzbar gemacht werden.

Zudem wird in Zukunft die Standardisierung des Planungsprozesses weiter voranschreiten und die Modularität der Projekte zunehmen. Dadurch kann eine hohe industrielle Vorfertigung, ein durchgängiges und konsequentes Kreislaufkonzept nach Cradle to Cradle und die Fokussierung auf Ressourceneffizienz mit verkürzten Bauzeiten ermöglicht werden.

Was ist Ihrer Ansicht nach wichtig, um ökologische und nachhaltige Lösungen im Baubereich für alle Beteiligten flächendeckend zugänglich und nutzbar zu machen?

Zur Implementation neuer Methoden werden interdisziplinäre Netzwerke aus Bauherren, Planern, Bauunternehmen, Lieferanten und Hochschulen benötigt, die kluge Entscheider, Ressourcen, Ideen und Talente zusammenbringen und gemeinsam daran arbeiten wie wir in Zukunft Planen, Bauen und Betreiben.

Durch integratives Planen kann während der Entwurfsphase Einfluss auf den späteren Ressourcen- und Energieverbrauch eines Gebäudes genommen werden. Ergebnisse aus Simulationen stellen einen Zusammenhang zwischen der Entwurfsplanung und der späteren Behaglichkeit im umbauten Raum her. Dies wird in Zukunft noch mehr und früher in die Planung miteinfließen.

Bedeutet Nachhaltigkeit bei Bau- und Immobilienprojekten gleich automatisch teurer?

Kurzfristig ja, langfristig nein. Wir brauchen neue politische Rahmenbedingungen. Wer nachhaltig plant, baut und betreibt, sollte noch mehr Vorteile haben.

Neben der Senkung des Energie- und Ressourcenverbrauchs und dem Einsatz wiederverwertbarer Baustoffe, lassen sich die Vermeidung von langen Transportwegen, die gefahrlose Rückführung in den natürlichen Stoffkreislauf von verwendeten Materialien, ein flexibles Nutzungskonzept und das flächensparende Bauen zu entscheidenden Faktoren der Gebäude-Energie-Effizienz [GEE] zählen.

Abseits der Digitalisierung: Welche Trends sollte jeder, der sich in der Bau- und Immobilienbranche bewegt kennen und beschäftigen?

Neben der Digitalisierung ist die Nachhaltigkeit einer der wichtigsten Treiber der digitalen Transformation. Dabei beschleunigt die Regulatorik durch Environmental Social Governance (ESG) den Weg zu einer datengetriebenen Immobilienwirtschaft und damit die Etablierung neuer Geschäftsmodelle.

Sind digitale Innovationen wirklich der Schlüssel zu einer wettbewerbsfähigen Bau- und Immobilienbranche? Wenn ja, warum?

Ja, denn Methoden wie Building Information Modeling (BIM) oder Lean Construction Management (LCM) schaffen durch das Etablieren neuer Prozesse neue Standards wie wir in Zukunft Immobilien Planen, Bauen und Betreiben - Und damit die Datengrundlage aller zukünftigen Immobilienbewertungen.

Welche Bau-Influencer, Organisationen und Technologien sollten wir verfolgen und warum?

BIM Cluster in ganz Deutschland bieten hierzu eine offene Plattform mit regelmäßigen Veranstaltungen und interdisziplinärer Netzwerkarbeit.

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