Zukunft des Bauens - Im Interview mit Alexander Gran

  • Zukunft des Bauens

Alexander Gran bringt die digitale Komponente in das Gründer-Duo des Baustoff-Startups bobbie. Er blickt auf eine langjährige Laufbahn in der IT-Branche zurück und hat viele internationale Digitalisierungsprojekte in den Bereichen CAx und Mobilität umgesetzt und geleitet. Zu seinen Stationen zählen u.a. das Fraunhofer-Institut für Produktionstechnologie, die Moduleworks GmbH, die MTU Aero Engines GmbH sowie die IVU Traffic Technologies AG. Seit 2017 arbeitet er gemeinsam mit Mitgründer Tim Kuhlmann und dem bobbie-Team daran, den Baustoffhandel in das 21. Jahrhundert zu bringen.

Vor welchen Herausforderungen stehen Sie und Ihre KollegInnen bei der täglichen Arbeit?

Das ganz große Thema ist natürlich die Digitaliserung in die Köpfe und Prozesse der Akteure zu bringen. Sowohl auf Kunden als auch auf Lieferantenseite ist hier oft noch ein unglaublich weiter Weg zu gehen. Da ist teilweise noch 1995.

Ansonsten begegnen uns im Tagesgeschäft aktuell natürlich auch aberwitzig viele Preiserhöhungen und Angebote mit Bindefristen von 24h oder weniger. Man spürt Materialknappheit, aber auch Gewinnmitnahmen an allen Orten.

Welche Trends setzen sich in der Baubranche bzw. Immobilienbranche Ihrer Meinung nach durch?

Generell merken wir in vielen Gesprächen, dass der digitale Wandel kommt. Die Nachfrage danach ist viel stärker als noch vor 5 Jahren als wir angefangen haben. Aber die Lösungen sind noch so unausgereift. Kollaboration ist unbedingt nötig, jedoch bei ganz vielen Spielern, unter anderem gerade bei den Software Providern, noch nicht verstanden. Aber das wird kommen, weil es kommen muss! Die Branche muss unbedingt ihre unglaublichen Ineffizienzen in den Griff kriegen, und das geht nur gemeinsam!

Was ist Ihrer Ansicht nach wichtig, um ökologische und nachhaltige Lösungen im Baubereich für alle Beteiligten flächendeckend zugänglich und nutzbar zu machen?

Was man nicht messen kann, kann man auch nicht managen. Die aktuellen KfW Effizienzhausstandards sind völlig unzureichend, weil sie die Situation sehr stark vereinfachen und nur auf den Ressourcenverbrauch des Betriebs abzielen.

Wir müssten erstmal in der Lage sein, ein Bauvorhaben überhaupt nach ökologischen Gesichtspunkten vollumfänglich zu bewerten. Das sind wir noch verdammt weit weg! In einzelnen Projekten - ich denke da an die Faktor X Agentur - klappt das schon, und einzelne Lösungen wie Caala setzen schon Teillösungen um. Aber durchgängig ist da noch nichts, denn konkrete Bauteilkennwerte liegen nicht ausreichend vor und die Logistik hat auch niemand mit eingerechnet. 

Der Material- und Ressourcenmangel am Bau belastet nach wie vor die Bauwirtschaft. Wie können in Zukunft Engpässe und starke Preisschwankungen vermieden werden?

Deutschland müsste seine lobbyistisch getriebene Marktabschottung überwinden. Das Ü-Zeichen muss weg! Das schmeckt vielen nicht, aber der Rest von Europa stürzt ja auch nicht zusammen. Wir könnten etliche Lücken viel einfacher schließen, wenn wir Lieferanten aus dem Ausland mit anbieten könnten. Wir fahren teilweise Ware quer durch Deutschland, die wir in einem Ausland kaufen und im anderen Verkaufen, bei uns aber nicht verbauen dürfen.

Ansonsten braucht es endlich mal langfristige Planung. Wenn man Baustoffe immer nur kurz vor knapp bestellt, wenn der Staat von heute auf morgen Förderprogramme ändert, dann kann die Industrie keine passende Produktion drauf ausrichten. 

Im Hinblick auf Baustoffe - Bedeutet Nachhaltigkeit bei Bau- und Immobilienprojekten gleich automatisch teurer?

Nein. Man muss nur vernünftige TCO (Total cost of ownership) Betrachtungen machen. Dann gibt es Maßnahmen, die sich sehr schnell ökologisch und ökonomisch rechnen. Und solche, die nach beiden Gesichtspunkten Unsinn sind. Dabei muss man reflektieren, was eigentlich nachhaltig ist. Das ist nicht immer so einfach. Stahl ist z.B. super, weil der quasi zu 100% recyled wird. 

Abseits der Digitalisierung: Welche Trends sollte jeder, der sich in der Bau- und Immobilienbranche bewegt kennen und beschäftigen?

Industrialisierung und Prozesse! Da fehlt im Bau noch einiges. Vorproduktion, Systematische Abläufe, wiederkehrendes Vorgehen. Einfach mal ein Blick zu den Kollegen von Goldbeck werfen, die machen schon vieles richtig. 

Sind digitale Innovationen wirklich der Schlüssel zu einer wettbewerbsfähigen Bau- und Immobilienbranche? Wenn ja, warum?

Digitalisierung behebt zum einem Prozessineffizienzen. Aber nur dann, wenn man sie richtig macht. Also nicht den bestehenden Papier- (Tusche?) Prozess digitalisieren, sondern Prozesse von Grund auf neu denken. 

Zum anderen werden neue Prozesse und Lösungen möglich, Dinge wie 3D Druck oder robotergestütztes Arbeiten. Das ist eigentlich nicht wirklich digital, sondern vielmehr abgefahrene Industrialisierung. Aber da ist noch wirklich was zu holen. Dafür muss man aber erstmal aufhören mit dem Kugelschreiber zu planen.

Welche Bau-Influencer, Organisationen und Technologien sollten wir verfolgen und warum?

Natürlich unsere Freunde von AmBauTV und PfuschAmBau, weil man auch mal was Unterhaltsames braucht. Dann den Bundesverband Digitales Bauwesen, da tummelt sich unglaublich viel Innovation. Und zu guter Letzt möchte ich für 1Lieferschein und DTrans werben. Zwei Technologien um viele unliebsame Prozesse endlich in den digitalen Griff zu bekommen.

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